Texte
Statement
Malen ist für mich zwar meist auch ein Vergnügen, aber in erster Linie harte Arbeit, ein ständiger Prozess von Suche, Veränderung, Hinterfragung, Scheitern und wieder Neuanfang. Dabei war mir die Entwicklung oder enge Bindung an einen ausgeprägten Stil nie besonders wichtig. Ein Bild an dem ich heute arbeite kann sich stilistisch von dem von morgen so unterscheiden, als hätte es ein anderer Künstler gemalt. Das entspricht auch der multiplen Persönlichkeit, die wir, mehr oder weniger, alle in uns tragen. Im künstlerischen Bereich geht das häufig auf Kosten einer eindeutigen Wiedererkennbarkeit (Trademark). Aber ich will nicht mein Leben lang das Gleiche malen müssen. Daher habe ich auch kein Problem mit unterhaltsamen Ausflügen in künstlerisch „Rufschädigende“ Sparten, wie z. B. Bodypainting. In Bezug auf meine Bilder ist die einzige, technisch-formale, Kostante seit langem die gegenständlich orientierte, traditionelle Ölmalerei, die auch manchmal in die Abstraktion führt.
Die Bildmotive entwerfe ich oft akribisch langsam, damit sie Zeit haben sich zu entwickeln, auch unter Zuhilfenahme moderner Technik (Fotografie, Computer, Projektor). Das Ergebnis bleibt aber - bis jetzt - immer Malerei, häufig in einer Mischung aus geplanter Komposition und unberechenbarer Spontaneität. Letztere wird besonders durch die ungrundierte Leinwand provoziert, auf der ich seit einiger Zeit arbeite. Das rohe Leinen fordert, mehr als weiß grundierter Malgrund, das Stehenlassen von Leere und Unfertigem heraus.
Schwerpunkt meiner Bilder ist weitgehend die inhaltliche Ebene, selten nur ein formales oder ästhetisches Spiel. Ich würde mich als Maler von Themen bezeichnen, gelegentlich mit einer eigenwillig verschlüsselten Symbolik. Mich interessieren - unter anderem – psychische Erlebnis- und Spannungsfelder im Menschen die Brüche aufweisen können und die sich oft in komplementären oder kontrastierenden Begriffspaaren zusammenfassen lassen: jung - alt, männlich - weiblich, reich - schön, Alltag - Idealisierung, Innenwelt - Außenwelt etc.
Daraus entstehen fallweise kleine Bildserien, deren Sujets ich nach Monaten oder Jahren in veränderter Form immer wieder aufgreife. Ich bin dann selbst von den neuen, veränderten Blickwinkeln überrascht. Die Malerei erlangt damit den Status eines subjektiven Werkzeuges zur Analyse und Erforschung eigener und allgemein menschlicher Zustände bzw. Befindlichkeiten: sehr persönliche Positionen ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit.
> inside : insight< Galerie Time, August 2009
Kunsthistoriker Hans-Rainer Gerlach zu den Arbeiten von Josef Machynka
Einsichten ins Innere - Auf der Suche nach der verlorenen Präsenz
Josef Machynka präsentiert uns in seinen Arbeiten bekannte Codes der menschlichen Wirklichkeit aus Mythologie, Religion, Ikonografie und Symbolik - aber ohne dass eine bestimmte Auflösung definitiv suggeriert wird. Das heißt nicht, dass es keine Auflösung der Codes gibt. Nur auf die Suche müssen wir als Betrachtende dieser Kunst selbst gehen. Dazu lädt uns der Künstler ein. Eine schnelle Antwort ist hier keine Antwort.
Der immanente Verunsicherungsfaktor einer übersättigten und zugleich zerstreuten postmodernen Rezeptivität wird nämlich in seinen Arbeiten nicht in einem Akt subtiler Abwehr rationalisiert, wodurch nichts gewonnen wäre, aber die Auf-Lösung - so es eine gibt - nur verschoben wäre, sondern als solcher stillgestellt und damit selbst zum Thema gemacht. Dass diese Arbeiten einen künstlerischen Versuch darstellen, die Mechanismen der Abwehr des eigentlich Unklaren, Unheimlichen, Bedrohlichen unserer gesellschaftlichen und persönlichen Wirklichkeit zu thematisieren, die immer um den bis ins Pathologische gehenden Preis einer Spaltung und Abspaltung geschehen, das ist es, was Machynkas Bilder zu betrachten keine einfache Sache sein läßt: sie fordern uns und fordern uns heraus. Sie gehen im Wortsinne an die Substanz von Individuum und Gesellschaft.
Wittgenstein sprach einst von der Verhexung des Verstandes durch die Sprache und hatte damit die metaphysischen Konstrukte einer in die Jahre gekommenen akademischen Philosophie im Blick. Der Künstler und Philosoph Machynka, sieht das von der anderen Seite, der der Kunst, aus und arbeitet die Verhexung der Sprache und ihrer Formen durch den Verstand heraus. Aber das ist heilsam, denn so verraten sich die Kurzschlüssigkeit der modernen und traditionellen Verstandeskonstrukte, wenn wir nur genau hinschauen. Wir sehen dann zum Beispiel: Der seit altersher als Symbol des Unantastbaren, Heiligen, Göttlichen identifizierte Goldgrund ist plötzlich von Projektilen durchsiebt; aus den kreuzförmig angeordneten Einschußlöchern rinnt blutrote Farbe. Die unheimliche Bedrohung, die vom Blick in einen überdimensionierten Pistolenlauf ausgeht, wird ironisch gebrochen - sie ist nicht gesichtslos: Aber wer hätte damit gerechnet, dass sie gerade das Gesicht eines Smileys hat?
Nichts ist so wie es scheint. Die immer neu scheiternden, vorschnellen Kategorisierungen des Verstandes und die sich immer wieder kaleidoskopartig verändernde und entziehende Formensprache der Wirklichkeit verknäueln sich in der Kreativität Machynkas zu sichtbaren Paradoxien, gegen die selbst die menschliche Hoffnung, die ja bekanntlich zuletzt stirbt, nicht gefeit ist, wie uns sein Pandora-Zyklus zeigt. Und auch vor der eigenen Person des Künstlers wird nicht haltgemacht. Sie erscheint in einem überdimensionierten multiplen Spiegelstadium, ihre Grenzen werden so in verschiedener Hinsicht hinterfragt, aber auch neu postioniert und ausgelotet. Ich ist ein anderer - sagte Rimbaud.In einer gut gestellten Frage verbirgt sich die richtige Antwort - aber nur dort. Ausgesprochene Antworten, vor allem schnell ausgesprochene, sind, wenn überhaupt, keine guten Antworten. Machynkas Arbeiten sind dagegen gut gestellte Fragen. Diesen dürfen wir uns heute abend stellen. Vielen Dank, Josef Machynka!
art.shooting. Galerie Karoly, November 2009
Eröffnungsrede der Künstlerin Ingeborg Knaipp anlässlich der Ausstellung art.shooting.
Das Bild „Happy Death“ Zeigt die Mündung einer Glock-Pistole vor einer rosa und babyblau gemusterten Tapete, deren typische Kinderzimmerfarben im Kontrast zum Tapetenmotiv stehen: Die Tapete zeigt Silhouetten von Kickboxern. Die Pistolenmündung scheint zu lächeln.
In der Arbeit „Engelmacher“ hebt das Motiv der Pistole sich von einem Goldhintergrund ab, der ein Muster von parallelen senkrechten Streifen und Engelsflügeln zeigt. Der Goldhintergrund, im Mittelalter Darstellungsmodus des Himmels, des Festlichen und Heiligen, der Feiertagsseite der Wandelaltäre, kontrastiert das brutale und gänzlich unheilige Motiv der Schusswaffen, die dazu geeignet sind, Menschen im Bruchteil einer Sekunde ins Himmelreich oder ins Nichts zu befördern. Geradezu zynisch muten uns die Bildtitel an: „Engelmacher“ verhieß noch niemals Gutes, während „Goldener Schuss“ den Älteren unter uns nicht nur als Heroinüberdosis, sondern auch noch als Fernsehshow bekannt sein dürfte.
Die Waffe schießt Löcher in die schönen Tapeten und goldenen Himmel, manchmal befindet sie sich in den Händen von Kindern, und stets herrscht Fassungslosigkeit. Wo eben noch eine Schule war, ein schöner Himmel, eine ruhige Kleinstadt, ist plötzlich ein Tatort.
Der Amoklauf ist ein altes Phänomen, Schoolshootings nicht. Etwa 100 Schulamokläufe sind seit 1974 weltweit gezählt worden. Fast 200 Lehrer und Schüler sind Opfer sinnlos um sich schießender junger Gewalttäter geworden. Über die wissen wir, dass sie fast immer männlich sind, Zugang und Neigung zu Waffen haben, massive Gefühle der Zurücksetzung empfinden, auffällig unauffällig sind, aus den „besseren“ Elternhäusern kommen, dass sie viele Stunden allein mit Gewaltspielen am Bildschirm verbringen. Wir wissen, dass ihr „Amok“ sich langsam aufbaut. Rückblickend sind zahlreiche Vorwarnungen erkennbar, die vorher übersehen wurden.
Warum der 19-jährige Robert Steinhäuser in Erfurt oder der 17-jährige Tim K. in Winnenden am Ende in mörderischer Raserei gezielt um sich geschossen haben, das wissen und verstehen nach eigenem Eingeständnis die Wissenschaftler, die den Schulamoklauf erforschen und untersuchen, trotzdem nicht. Denn die einzelnen Zuordnungen, auch ihre Kombinationen – männlich, Waffen, introvertiert, psychische Erkrankung, Videospiel – gibt es in der Jugendkultur unserer Zeit tausend-, ja millionenfach ohne den furchtbaren finalen Gewaltausbruch, der unschuldige Heranwachsende, ihre Lehrer und den Täter selbst aus dem Leben reißt. „Wir sollten uns eingestehen: Wir verstehen diese Tat nicht“, hat Bundespräsident Johannes Rau 2002 in seiner Gedenkrede für die 16 erschossenen Opfer in Erfurt gesagt.
Die aktuelle Ausgabe der Hamburger „Zeit“ fragt wieder einmal nach den Wurzeln des Bösen, nach biologischen und kulturellen Faktoren, widmet sich der der Evolution der Nächstenliebe und der strategischen Bosheit.
In der aufgeklärten Moderne scheint das Konzept des Bösen keinen Platz mehr zu haben. Und doch blitzt es selbst in unserer zivilisierten Gesellschaft immer wieder bedrohlich auf – etwa wenn Halbwüchsige in der Münchner S-Bahn im Gewaltexzess grundlos einen Mann tottreten oder wenn uns wieder einmal ein besonders grauenhafter Fall von Kindesmissbrauch oder Vernachlässigung von Kindern erschreckt. Sicher gibt es in einzelnen Fällen klare Pathologien, tragische Krankheitsbilder, die schreckliche Handlungen rational erklären können. Dennoch lassen uns diese Rationalisierungsversuche fassungslos zurück.
Wir möchten glauben, der Mensch sei gut und nur von den Verhältnissen gemein geworden und wir phantasieren vom edlen Wilden. Das Gegenteil ist wahr. Der Ethnologe Jürg Helbling von der Universität Luzern nennt nüchterne Fakten.
Nahezu alle noch existierenden Naturvölker dieser Erde führen ein Leben voller Aggression und Gewalt. Ob bei den südamerikanischen Siriono, den Yaghan in Patagonien, den Kitlinermiut der Arktis oder den Mbuti-Pygmäen im Kongo – das Risiko, als Ureinwohner eines gewaltsamen Todes zu sterben, ist erschreckend hoch; es liegt sogar, wie Helbling ermittelt hat, deutlich höher als das durchschnittliche Risiko in allen Großstädten der USA, die wahrlich kein Hort der Harmonie sind.
Für seinen interkulturellen Zensus hat Helbling jahrelang alle Daten zusammengetragen, die Ethnografen über Kämpfe, Kriege und deren Opfer aufgezeichnet haben.
Forschungsarbeiten wie die Arbeit Helblings sind nicht allein deshalb verstörend, weil es ein deprimierender Gedanke ist, dass die letzten Vertreter bedrohter Völker sich gegenseitig die Köpfe einschlagen. Sie erschüttern uns auch, weil wir im archaischen Verhalten der Stammesvölker gleichsam unsere eigene Vergangenheit erblicken und damit konfrontiert werden, dass auch unsere Vorfahren einst mordend, raubend und brennend ihr Unwesen trieben. Und es beschleicht uns die Ahnung, dass wir beim Blick auf Naturvölker etwas Urzeitliches zu sehen bekommen, etwas Erschreckendes, das älter ist als unsere Zivilisation, stärker möglicherweise als unsere gegenwärtige Moral – etwas, für das seit Jahrhunderten der Begriff des »Bösen« geprägt wurde.
Josef Machynka hat als Motiv seiner Bilder bewußt keine schöne Waffe gewählt, kein kunsthandwerklich ästhetisiertes Sammlerstück. Schönheit ist, was die Waffe zerstört. Die Waffe ist nichts anderes als eine handliche Tötungsmaschine, ein Monument der reinen Funktionalität.
Die Glock-Pistolen sind eine Entwicklung von Gaston Glock. Die Selbstladepistolen der österreichischen Firma „Glock Ges.m.b.H.“ mit polygonalem Laufprofil, Hightech-Polymer-Griffstücken ohne Glasfaserarmierung und dem von Glock patentierten „Safe-Action“-Abzugssystem verfügen über einen teilvorgespannten Spannabzug ohne äußere Sicherungseinrichtungen. Insgesamt sind die Glock-Pistolen sehr einfach aufgebaut, so dass sie schnell in ihre Bauteile zerlegt werden können.
Glock-Pistolen weisen aufgrund ihrer Kunststoffbauteile ein deutlich geringeres Gewicht als vergleichbare Waffen mit vielfach verwendeten Aluminium-, Dural- oder Stahlrahmen auf. Der Gewichtsvorteil und die Funktionalität trägt zur Beliebtheit der Glock-Pistolen bei Waffenträgern in unterschiedlichen Service-Bereichen, aber auch bei Sportschützen bei. Ein weiteres Merkmal, das zum Erfolg der Glock-Pistolen beigetragen hat, ist der weitgehende Entfall von Bedienelementen. Aufgrund des Verzichts auf extern bedienbare Sicherungselemente wird das Risiko von möglichen Bedienfehlern in Stresssituationen reduziert und die Bedienung vereinfacht.
Diese Pistole ist nicht schön, aber effizient. Etwas Brutales, Unschönes abzubilden, galt in der Ästhetik der Antike nur unter einer Bedingung als zulässig: die Kunstfertigkeit der Darstellung rechtfertigte das hässliche Motiv. Von der Kunstfertigkeit der Darstellung überzeugen Sie sich im Anschluss an diese Eröffnung.
pressetext zur ausstellung art.shooting. einschüsse – durchblicke - tatorte
„Happy Death“ und andere Grenzerfahrungen.
Der Maler Josef Machynka inszeniert seine aktuelle Ausstellung „art.shooting“, die am 29. Oktober in der Ottakringer Galerie Karoly eröffnet wird und bis 13. November zu sehen ist, als „Tatort“ – und lädt das Publikum ein, sich an den „Schauplatz seiner Kunst“ zu begeben.
In manchmal eigenwillig verschlüsselter Symbolik beschäftigt sich Josef Machynka mit Grenzbereichen und Übergängen: das Fenster als Schnittstelle zwischen Innen- und Außenraum; die Waffe, die radikal die unsichtbare Membran zwischen Leben und Tod durchstößt; die metaphorischen Engel, die das Niemandsland dazwischen bevölkern und gleichzeitig beiden und keiner Seite angehören.
Die ambivalente Faszination einer handlichen Tötungsmaschine, das Verherrlichen von Schusswaffen, der Waffenbesitz als Instrument der Selbstverteidigung, die Waffe als scheinbar harmloses Spielzeug und Sportgerät, diese Phänomene untersucht und zitiert Machynka auf ironische Weise in seinen aktuellen Arbeiten. Er hat sich dafür an den „realen Tatort“ eines Schießkellers begeben und in Form eines „Art-Shootings“ einige seiner Leinwände mit der Pistole durchschossen – für einen Pazifisten eine „seltsame Erfahrung“, wie er nachher meinte. Passend dazu wird Friedrich Unger, Leiter der Tatortgruppe 2 in der Wiener Kriminaldirektion, zur Ausstellungseröffnung ein wenig über die Arbeit von „C.S.I. Vienna“ erzählen.
Thematisch passend ist auch der Zeitraum der Ausstellung: am 31. Oktober das heidnische Halloween, tags darauf das christliche Allerheiligen. Dies- und Jenseits begegnet einander. Am Freitag, dem 13. (Glücks- oder Unglückstag?) die Finissage. Die Bilder stellen Fragen: was befindet sich draußen, was dahinter, was auf der anderen Seite?
Die Bilder Josef Machynkas beruhen auf gegenständlicher „klassischer“ Ölmalerei, die häufig Abstraktionen mit einbezieht und keine engere Bindung an einen bestimmten Stil oder Inhalt aufweisen. Mit jedem Bild findet, neben dem Malvorgang, ein innerer Prozess, eine persönliche Reflexion und Verarbeitung der jeweiligen Themen statt, wobei es Machynka immer wieder darum geht, Grenzbereiche und Grenzerfahrungen auszuloten.
Die inhaltliche Ebene ist häufig von philosophischen Überlegungen geprägt. Der Betrachter wird dazu aufgefordert, sich gemeinsam mit dem Künstler „auf Spurensuche“ zu begeben und mit der Dechiffrierung und Entschlüsselung der Symbolik gleichsam „hinter und durch“ die glatte Oberfläche der Leinwand zu blicken.